Von Cornelia Schneider auf Dienstag, 02. März 2021
Kategorie: Artikel

Organisierst du noch oder arbeitest du schon?

- 5 Min. Lesezeit -
Sie möchten gesünder, entspannter und effizienter arbeiten? Eine gute Arbeitsorganisation hilft Ihnen dabei. Tools für eine bessere Arbeitsorganisationen und Impulse auf Team- und Organisationsebene machen es möglich. 

Aufhören ohne fertig zu sein ...

Beschleunigung, Verdichtung und wachsende Komplexität gehören längst zum Alltag vieler Führungskräfte und MitarbeiterInnen. Das Gefühl des „Fertigseins" kennen viele schon lange nicht mehr: immer liegt noch etwas auf dem Schreibtisch, das nach Erledigung ruft. KollegInnen wollen ständig informiert werden und angefangene Präsentationen schreien nach Perfektionierung. Der PC fordert stumm, aber unaufhörlich unsere Energie für dringliche Mails und andere vielfältige Arbeitsaufträge. Nicht selten verlassen MitarbeiterInnen am Ende des Tages ihren Arbeitsplatz mit dem Gefühl: vieles angefangen, aber nichts fertig gemacht. Viele stehen also in dem Spannungsfeld sich einerseits auf bestimmte Aufgaben zu fokussieren und sie effizient abzuschließen und andererseits zu lernen, Arbeitstage abzuschließen ohne wirklich „fertig" zu sein.

Die häufigsten Zeitvernichtungsprogramme am Arbeitsplatz: Multitasking und Unterbrechungen

Die digitalisierte Welt fordert unsere Aufmerksamkeit permanent auf vielen Kanälen, beruflich ebenso wie privat. Man hat schnell verloren, wenn man reaktiv handelt und versucht, allen von außen einströmenden Anforderungen zeitgleich gerecht zu werden. Niemand glaubt mehr an Multitasking und den Wert ständiger Erreichbarkeit, die Neurobiologie hat deren „Toxizität" und damit die schädigende Wirkung auf Körper und Psyche längst bewiesen. Trotzdem arbeiten viele Menschen vermeintlich multitaskend, mit ungeregelten Unterbrechungen und mit dem Anspruch ständiger Erreichbarkeit – und vernichten damit Effizienz und Gesundheit.
Selbstorganisation und Selbstmanagement gehören in der digitalisierten Arbeitswelt zu den Kernkompetenzen erfolgreicher Führungskräfte und MitarbeiterInnen. Diese Kompetenzen kann (muss) man lernen, trainieren und verfeinern um sich im Labyrinth der wachsenden Komplexität nicht zu verlieren.

Tools kennen und auf arbeitsplatzspezifische Alltagstauglichkeit prüfen

Arbeitspsychologische Erkenntnisse können helfen Selbst- und Arbeitsorganisation zu hinterfragen und zu verbessern.

Hier nur 3 Beispiele aus dem großen Methodenkoffer des Selbstmanagements:

  1. Q2 Methode
    Sortierung der Aufgaben nach den vier Kategorien „wichtig und dringend"(1), „wichtig und nicht dringend"(Q2), „nicht wichtig und dringend" (Q3) sowie „nicht wichtig und nicht dringend"(Q4). Wer seine Aufgaben zu Beginn des Tages nach diesem Prinzipien ordnet, wird schnell feststellen, wie häufig wichtige, aber (noch) nicht dringende Aufgaben verschoben werden. Das führt letztlich meist zu schlechten Arbeitsergebnissen und stellt eine Gefahr für unsere Gesundheit dar. Die Reflexion und Sortierung der Arbeitsaufgaben nach diesen Kategorien kann helfen effizienter und gesünder zu arbeiten.

  2. Pareto ​Prinzip
    In 20 % der Zeit sind in vielen Arbeitsbereichen 80 % der Ergebnisse zu erzielen. Will man 100% erreichen, müssen weitere 80 % der Zeit investiert werden. Ab wann lohnt sich diese weitere Zeitinvestition wirklich? Und ab wann steht der eigene Zwang der Perfektionierung mehr im Weg als die tatsächliche Notwendigkeit eine Aufgabe 100% zu erfüllen?​​

  3. Time Boxing
    „Eine Arbeit braucht soviel Zeit, wie man Zeit zur Verfügung hat." Diese arbeitspsychologische Erkenntnis kann man umsetzen, indem man sich ganz klar und knapp bemessene Zeitfenster definiert, in denen eine spezifische Aufgabe erledigt werden muss. Je größer und undefinierter das Zeitfenster, desto größer die Gefahr, dass man sich kleinteilig in Aufgaben verliert, die nicht wirklich zur Erfüllung der Gesamtaufgabe nötig sind. Positiv formuliert: Bei klar und knapp definierten Zeiträumen ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass man fokussiert, zielorientiert und ohne viel Ablenkung arbeitet.​ ​

Kennen heißt nicht Können

So wie diese drei Beispiele gibt es eine Fülle von Tools, die helfen können, sich im Alltag besser zu organisieren. Aber Vorsicht, die Kenntnis der Namen und die Kurzdefinition solcher Instrumente sind keineswegs hinreichend für ein besseres Selbstmanagement und eine effizientere Arbeitsorganisation. Wie im konventionellen Handwerk sollte man Werkzeuge nicht nur kennen sondern deren Sinnhaftigkeit hinterfragen, die Anwendung üben und sie auf die spezifische Arbeitsplatzsituation hin anpassen. Entscheidend ist auch wie das Werkzeug in der Hand liegt. Passt es zu der Person, die es anwenden soll?​ Passt es zur aktuellen Situation und in die Firmenphilosophie?

Nur die MitarbeiterInnen selbst sind die ExpertInnen für ihre Arbeitsorganisation

Entscheidend ist also nach dem Kennenlernen der Instrumente deren Prüfung für die jeweilige Anwendung im konkreten Arbeitskontext. Bei einer Herzchirurgin, die nach dem Pareto Prinzip arbeitet, möchten Sie wahrscheinlich nicht auf dem OP Tisch liegen. Ebenso ist das Timeboxing eher weniger nützlich bei kreativen Prozessen, aber es kann bei der Erstellung eines Berichtes gute Unterstützung bieten. Wenn es um die Gesundheitsförderung im Betrieb geht, dann kann die Q2 Strategie (Auswahl wichtiger, aber nicht dringender Aktivitäten) Orientierung bieten, um Pläne nachhaltig umzusetzen.

​Die Vielzahl der Instrumente des Selbstmanagements und der Arbeitsorganisation sollten Sie daher im Team hinsichtlich ihrer Verstehbarkeit, Machbarkeit und Sinnhaftigkeit prüfen und diskutieren.

Kommunikation ist die Grundlage für gute Organisation im Team

Es hilft, die Auswahl der Methoden im Team abzustimmen oder zumindest informiert zu sein, mit welchen Methoden die KollegInnen arbeiten. Darüber hinaus können die Beteiligten in einem moderierten Prozess zu den bekannten und etablierten Tools selbst neue Strategien der Kooperation entwickeln. Denn sie sind die SpezialistInnen für ihre Arbeit. Sie wissen, was gut läuft und wo echte Verbesserungspotenziale liegen. Sie brauchen die Möglichkeit, ihren Ideen im Austausch mit KollegInnen Form und Struktur zu geben. 

Ganz praktisch kann dies in einer Teamwerkstatt umgesetzt werden: Einmal im Jahr trifft sich das Team unter Anleitung eines(r) neutrale(n) Moderators(in). Das Team erstellt – nach einer kurzen Einführung zum Thema – unter Anleitung ein Anforderungs- und Ressourcenprofil der aktuellen Arbeitsorganisation. Daraufhin diskutieren die TeilnehmerInnen mögliche Lösungsvorschläge und treffen Vereinbarungen zu deren Umsetzung. Hier kann es sehr nützlich sein, unterschiedliche Präferenzen und Arbeitsstile zu thematisieren. Dadurch können die TeilnehmerInnen ihre Wertschätzung für die Vielfalt im Team weiterentwickeln.

Zu Risiken und Nebenwirkungen einer solchen Teamwerkstatt:

Neben den verbesserten Arbeitsabläufen und einer gesteigerten Arbeitseffizienz kann es zu einer entspannten Arbeitsatmosphäre kommen. Eine Verbesserung der kollegialen Beziehungen ist nicht auszuschließen.


Ein Arbeitstag im Jahr, der in solcher Form investiert wird, spart in der Regel mehr als er kostet: Zeit. Nerven. Geduld. Geld.

Ich bin noch lange nicht fertig mit dem Thema Arbeitsorganisation. Ich höre jetzt einfach auf!

Cornelia Schneider